Die Neuraltherapie ist eine Injektionstherapie im Rahmen der Naturheilkunde, die hauptsächlich mit lokal anästhesierenden Injektionsmitteln wie Procain oder Lidocain arbeitet. Die Lokalanästhesie wird hierbei nicht zur Betäubung genutzt, sondern soll über verschiedene Wege den Organismus bei der Heilung unterschiedlicher Beschwerden und Erkrankungen unterstützen.
Bei der Störfeldtherapie sucht der Arzt oder Heilpraktiker nach Störfeldern, die das natürliche Gleichgewicht im Körper beeinträchtigen und so Beschwerden verursachen. Störfelder sind oftmals kranke und wurzelbehandelte Zähne, Narben, Entzündungen oder auch unerkannte Bakterienherde, wie beispielsweise bei chronischen Entzündungen. Über die Nervenbahnen und Reflexzonen können diese lokalen Erscheinungen auch andere Körperregionen schwächen und Krankheiten hervorrufen.
Durch eine gezielte Injektion mit einem Lokalanästhetikum soll das Störfeld ausgeschaltet werden. Dabei kann der gesetzte Heilreiz nicht nur lokal, sondern auch systemisch wirken und eventuelle Fernstörungen beseitigen. Die Erfolge der Neuraltherapie legen nahe, dass verschiedene Krankheiten tatsächlich ursächlich auf einem oder mehreren Störfeldern basieren. Während die betäubende Wirkung der Lokalanästhetika bereits nach 15 bis 20 Minuten nachlässt, laufen die Um- und Restrukturierungen im Körper über einen längeren Zeitraum ab.
Bei der Störfeldsanierung behandelt der Neuraltherapeut die entsprechenden Felder direkt. So unterspritzt er beispielsweise Narben, injiziert ein Lokalanästhetikum in die Nähe größerer Nervenstränge oder im Rahmen der großen Neuraltherapie unter Abwägung der entsprechenden Risiken auch direkt in das betroffene Organ.
Bei der Segmenttherapie ertastet der Therapeut die Hautgebiete, die Reflexzonen für das erkrankte Organ darstellen. In diesen Bereich wird das lokale Betäubungsmittel injiziert. Die Injektion erfolgt als intrakutane Injektionsform. Das bedeutet, dass so genannte Quaddeln unter die Oberfläche der Haut gesetzt werden. Das sind kleine Blasen, wie man sie beispielsweise von Allergien kennt. Auch intramuskuläre Injektionen in sogenannte Triggerpunkte (Schmerzpunkte, lokale Muskelverhärtungen) sind möglich.
Entwickelt wurde das Verfahren in den 1920er Jahren von den Brüdern Ferdinand und Walter Huneke. Deren Schwester litt seit vielen Jahren an einer schweren Form der Migräne. Mit ihren verschiedenen Behandlungsmethoden konnten die beiden Ärzte ihr kaum Linderung verschaffen. Im Sommer 1925 verabreichte Ferdinand Huneke seiner Schwester irrtümlich über die Vene eine Injektion, die Procain enthielt, worauf mit einem Schlag alle Migränebeschwerden verschwanden und lange Zeit nicht mehr auftauchten.
Dieses Ereignis wurde als Sekundenphänomen bekannt. In den folgenden Jahren verabreichten Walter und Ferdinand Huneke vielen ihrer Patienten Procain. Dabei experimentierten sie: Sie gaben das Mittel über die Vene, in Form von Segmenttherapie und Störfeldtherapie. Aber auch die Ganglien-Blockade, also die gezielte Injektion eines Lokalanästhetikums an Nervengeflechte gehörte zum Programm der Neuraltherapie.